Deutscher Ethikrat: Mehr Selbstbestimmung für Demenzkranke

Der Deutsche Ethikrat fordert in seiner am 24.04.12 in Berlin veröffentlichten Stellungnahme mehr Selbstbestimmung für Demenzkranke.

In Deutschland leben rund 1,2 Millionen Menschen, die an Demenz erkrankt sind. Im Hinblick auf die stetige Zunahme der Betroffenen – bis 2050 soll sich die Zahl der Demenzkranken auf über 2 Millionen erhöhen – sei die Erkrankung nicht nur eine Herausforderung für die Gesundheits- und Sozialpolitik, sondern vor allem auch für jeden einzelnen Bürger, meinen die Mitglieder des Ethikrats.

Verändertes Selbstverständnis des Menschen nötig

Sie fordern ein anderes Selbstverständnis im Umgang mit Demenzkranken. Demenz wird bisher mit dem Verfall der geistigen und kognitiven Fähigkeiten verbunden und dadurch nur auf das Denken reduziert. Andere, noch vorhandene Ressourcen werden so erst gar nicht wahrgenommen. Nur wenn sich diese vernegte Sichtweise ändert, können Betroffene noch länger ein selbstbestimmtes Leben führen.

In Forschung und Politik standen bisher die Diagnostik und die Linderung der Symptome im Mittelpunkt. Notwendig aber sei es vor allem, den langen Weg der Erkrankung und die Begleitung näher in den Fokus zu rücken, um so Möglichkeiten zur Wahrnehmung und Förderung der Selbstbestimmung von Demenzkranken zu entdecken und zu fördern.

Empfehlungen an die Bundesregierung

Das Vorhaben der Bundesregierung einen „Nationalen Aktionsplan Demenz“ zu entwickeln, wird vom Ethikrat in seinen Empfehlungen befürwortet. Dieser soll die Versorgung durch Ärzte, Pflegedienste und soziale Dienstleistungen besser koordinieren.

Zudem fordert der Ethikrat die Bundesregierung auf, bei der Neufassung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs die Selbstbestimmungsmöglichkeiten von Demenzkranken mit einzubeziehen. Auch pflegende Angehörige sollen mehr Unterstützung erhalten, sowohl durch finanzielle Anerkennung als auch durch den Ausbau von Beratungs- und Entlastungsangeboten. Darüber hinaus spricht sich der Rat für eine stärkere Förderung von Haus- und Wohngemeinschaften mit Demenz aus.

Weitere Informationen finden Sie in der Pressemitteilung des Deutschen Ethikrates. Die vollständige Fassung mit allen 16 Empfehlungen steht unter folgendem Link zum Download zur Verfügung.

2 Meinungen von Lesern zu diesem Artikel


  1. Wir haben selber erlebt, dass der Umgang mit Dementen Menschen einer besonderen Herangehensweise bedarf.

  2. Ich denke, es ist gerade angesichts der Zahlen von Betroffenen sehr wichtig, dass das Thema aufgegriffen wird und mehr in die Öffentlichkeit gelangt. Ich finde es sehr gut, dass sich der Ethikrat damit beschäftigt und das Thema nicht im Zusammenhang mit den Kosten zu einer ausschließlichen Kosten-Nutzen-rechnung wird, bei dem sich die Parteien dann einschalten, wenn genügend Wähler-Potenzial dahinter steht. Schön, dass der Ethikrat eine Empfehlung an die Bundesregierung abgibt.

    HK