Fachkräftemangel in der Pflege

Seit einigen Jahren schon besteht ein großer Mangel an Fachkräften im Bereich Pflege. In Hamburg spricht man bereits von einem Pflegenotstand, wie das Hamburger Abendblatt berichtet. Altenheime und ambulante Dienste litten an fehlendem Fachpersonal, weshalb bereits einige Einrichtungen schließen mussten.

Rainer Werther ist kaufmännischer Direktor im Marienkrankenhaus und ehemaliger Leiter der Marien Ambulante Gesundheitsdienste. Der 2001 gegründete Pflegedienst musste über 80 Patienten betreuen – hatte allerdings lediglich 16 Pflegefachkräfte an Bord. „Um schwarze Zahlen zu schreiben, braucht man einen Stamm von eta 150 Patienten“, meint Werther. Dies sei auch sehr leicht zu erreichen gewesen, allerdings fehle es an den Pflegefachkräften, die diese Patienten betreuen könnten. Aus diesem Grunde musste der Pflegedienst nun seine Schließung vollziehen und sämtliche Mitarbeiter kündigen. Einziger Trost in diesen düsteren Zeiten: Aufgrund des Pflegefachkräftemangels fanden die 16 Pflegefachkräfte schnellstens wieder eine Beschäftigung im Umkreis.

Der ambulante Pflegedienst Aktiv Leben wird seit 1988 von Beate Clasen geleitet, die befürchtet, dass sie ihrem Versorgungsauftrag unter diesen Bedingungen unmöglich nachkommen könnte. „Dabei hat jeder Bürger einen Rechtsanspruch auf eine qualifizierte Betreuung.“, äußert Clasen. Derzeit werden bei Aktiv Leben 240 Patienten betreut – von lediglich 65 Mitarbeitern! Es scheint verheerend: Die Nachfrage steigt fast täglich, dieser kann allerdings nicht nachgekommen werden, weil schlichtweg die Fachkräfte fehlen. Die Aufgaben, die der ambulante Pflegedienst mit sich bringt, dürfen nur von ausgebildeten Pflegefachkräften ausgeführt werden. Clasen ist besorgt; hätte man nicht genügend dieser Pflegefachkräfte, müsse man auf solche Pfleger zurückgreifen, die schlechter ausgebildet sind. Dass dies letzten Endes auf den Patienten zurückfällt, muss nicht gesondert betont werden. „In diesem Beruf verdient man nicht viel, der Reichtum besteht allerdings darin, einen sicheren Arbeitsplatz zu haben.“, äußerst Clasen in Bezug auf den Verdienst einer Pflegefachkraft, die monatlich mit 2.100 Euro brutto rechnen kann. Pflegeassistenten, die eine zwei- und keine dreijährige Ausbildung genießen, könnten etwa mit 1.900 Euro brutto rechnen.

Die Hamburger Pflegegesellschaft (HPG) wird geleitet von Jens Stappenbeck. Dieser schildert die Situation in Zahlen: „Zurzeit fehlen etwa 250 bis 300 zusätzliche Pflegefachkräfte, bis Ende 2010 werden es etwa 450 sein. Wenn der Bedarf sich nicht ändert, werden weitere ambulante Einrichtungen gezwungen sein, in großem Umfang Pflegeaufträge abzulehnen.“ Der Fachkräftemangel wirke sich auf die privaten, städtischen und gemeinnützigen Pflegeeinrichtungen gleichermaßen aus. Nicht zuletzt aufgrund der demografischen Entwicklung sei dieser Pflegefachkräftemangel entstanden. Mehr als 30.000 Patienten seien aktuell in Hamburg in Pflege; allerdings stehen dafür lediglich 4.300 stationäre und 4.700 ambulante Pflegefachkräfte zur Verfügung. Sichtbar wird dieser Mangel etwa auch durch die Stellenangebote: So standen an einem der vergangenen Samstage im Hamburger Abendblatt 28 Stellenangebote lediglich zwei Gesuchen gegenüber.

Der HPG befürchtet, dass man dem vorgeschriebenen Anteil von 50 Prozent Pflegefachpersonal im stationären Bereich bald nicht mehr nachkommen könne. Die Schaffung neuer Ausbildungsplätze scheint die einzige Maßnahme zu sein, dem entgegenzuwirken. Werden pro Jahr im stationären Bereich etwa 280 Pflegefachkräfte ausgebildet, ist die Anzahl der ambulanten Ausbildungsplätze mit lediglich fünf oder sechs schwindend gering. Im stationären Bereich sei es möglich, die Ausbildung durch den Pflegesatz zu decken; dies fehle allerdings im ambulanten Sektor, so Stappenbeck. Als Lösung sieht der HPG, die Sozialbehörde zur Kasse zu bitten. Während Pflegeeinrichtungen zusammenarbeiten sollten, könnten die Pflegeverbände und die Bildungsbehörde lediglich einen Teil der Ausbildungskosten übernehmen. Pro Jahr entstünde hier eine Finanzierungslücke von 780.000 Euro, die von der Sozialbehörde gedeckt werden solle. „Die Sozialbehörde muss ihrer Verantwortung gegenüber den Alten gerecht werden“, setzt sich Stappenbeck ein.

3 Meinungen von Lesern zu diesem Artikel


  1. […] im bereich Demenzkranker kann mit der notwendigen Kompetenz und Sorgfalt nur von entsprechenden Fachkräften ausgeführt werden. Die Vorstellungen der Arbeitsagentur, dass die Hilfskräfte den Demenzkranken […]

  2. […] Mehr als 400 000 Senioren können sich wegen der steigenden Altersarmut die Unterbringung in einem Altersheim hierzulande nicht mehr leisten – jedenfalls nicht, ohne finanzielle Hilfe vom Staat in Anspruch […]

  3. Kann mir gut vorstellen, dass dieser Beruf nicht mehr attraktiv wirkt, da er einfach nur schlecht bezahlt und gesellschaftlich nicht anerkannt wird.
    Hoffe sehr, dass sich bald mal was änert. Irgendwann müssen die Leute doch mal ihre Augen öffnen!

    LG,
    Claudia von Pflege Fachkraft